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Von Wetter, Unwetter und Klimawandel

Markus Schäfer, VeNatur, Gemeindepräsidentin Nadia Lützelschwab, Thomas Bucheli und Stefan Schwärzler, VeNatur

Mit seinem Referat zu Wetter und Klima hat SRF Wetterexperte Thomas Bucheli am 12. Juni für einmal nicht die Zuschauenden in die Stube, sondern gefühlt halb Vechigen ins Saalprovisorium der Oberstufenschule gelockt. Eine Auslegeordnung zum aktuellsten Wissensstand in der Meteorologie.

Der Gemeinde Vechigen und dem Naturschutzverein VeNatur ist mit dem prominent besetzten Vortrag «Wetter, Unwetter, Klimawandel?» ein kleiner Coup geglückt. Nicht zuletzt dank der freundlichen Hartnäckigkeit des Vizepräsidenten von VeNatur, Markus Schäfer, konnte TV-Wetterexperte und Leiter SRF Meteo, Thomas Bucheli, am Donnerstag, 12. Juni, für einen Vortragsabend mit anschliessender Fragerunde verpflichtet werden.

Physik und nicht Gefühl ist Trumpf
Gleich von Beginn weg zog Thomas Bucheli das Publikum in seinen Bann. Mit einem Refresher zur Wetterkunde räumte er mit Vorurteilen auf und zeigte auf, dass direkte Wenn-Dann-Erklärungen heikel und Sätze wie «Nach Vollmond gibt es immer einen Wetterwechsel» nicht zielführend sind. Der Mensch mag zwar einfache Erklärungen, jedoch spielt sich das Wetter global ab, wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst und hat nichts mit subjektiven Einschätzungen zu tun. Bei Erklärungen zum Wetter gilt es, physikalische Kausalitäten zu erkennen, die auf wissenschaftlichen Fakten beruhen.

Wetter ist Energietransfer
Zuerst ist da mal die Sonne als unsere Energielieferantin, die jedoch unterschiedlich stark einstrahlt. Am Äquator ist die Einstrahlung am höchsten, an den Polen am geringsten, aber auch hier gibt es lokale Unterschiede. Das System der Erdatmosphäre versucht nun laufend, eine Energiebalance herzustellen. Das nennen wir Wetter. Dabei gibt es drei zentrale Systeme: Der Energietransport durch die Luftmassen (Wind), der Energietransport durch die Meeresströmungen und der Energietransport durch die Phasenänderung des Elements Wasser, wie Wolken, Schnee, Hagel, Nebel, usw. Jede Änderung benötigt Wärme, die dem System entzogen wird oder gibt Wärme ins System.

Komplexes Räderwerk
Gemäss Thomas Bucheli kann das ganze Wettergeschehen mit einer Art globalem, riesigem, dreidimensionalem Räderwerk verglichen werden. Zusammengesetzt aus vielen kleinen Rädchen, wie Hoch- und Tiefdruckgebieten, Wirbeln und Stürmen, ist alles miteinander verbunden. Dieses Wetter-Räderwerk ist dermassen komplex, dass eine allgemein-gültige kausale Wenn-Dann-Erklärung schlicht nicht möglich ist. Trotz einem scheinbar chaotischen System gibt es aber auch Strukturen, wie das Wetter erfasst werden kann. Tatsächlich haben wir Energie in der Luft, die dynamische und aereodynamische Prozesse auslöst. Je nach Luftströmung, Hoch- und Tiefdruckgebiet gibt es eine Handvoll spezifische, typische Wetterlagen wie die Bisenlage, Hochdrucklage, Südwest-/Föhnlage und die Westwindlage. Kommt ein Kaltlufteinbruch, hat das also nicht wie früher vermutet und gerne auch in Bauernregeln festgehalten, mit dem Mond zu tun, sondern mit der entsprechenden Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten.

«Bereits kleinste Abweichungen bei Messungen und Berechnungen schaukeln sich auf. Je länger im Voraus die Prognose erfolgt, desto grösser ist das Risiko, dass diese nicht zutrifft.»

Unwetter in Boll
Meteorologen denken in Wetterlagen – und an ihre Gefahren. Keine Wetterlage ist identisch und jede Wetterlage kann problematisch werden. So auch die Flachdrucklage, wie Vechigen am 23. Mai 1986 erfahren musste. Damals zogen verheerende Gewitter über das Worblental, wobei der Ortsteil Boll durch den Stämpbach verwüstet wurde. Zahlreiche Liegenschaften wurden beschädigt, Fahrzeuge zerstört und eine Frau ertrank in ihrem Keller.

Was ist normal?
Bei solchen, extremen Wetterereignissen stellt sich rasch die Frage: ist das noch normal oder hat das mit dem Klimawandel zu tun? Um zu sagen, was in der Norm liegt, werden Messdaten benötigt, wobei viele verschiedene Dinge wie die Anzahl Hitzetage, maximale Niederschlagswerte, usw. gemessen werden. Die Daten werden von der Weltorganisation für Meteorologie in Perioden von 30 Jahren zusammengefasst, was Vergleiche von heute mit früheren Wetterperioden ermöglicht. Wenn nun also jemand behauptet, früher gab es auch schon Hitzetage, kann der Wetterexperte entgegnen, dass das sein mag, jedoch erwiesenermassen nicht in dieser Häufigkeit.

Klimawandel
Das Klima hat sich in den letzten 10’000 Jahren immer wieder geändert. Für die Gründe der vergangenen Schwankungen verfügt die Klimaforschung bereits über gute Erklärungsansätze. Für den Blick in die Zukunft wird mit Szenarien gearbeitet. Die Forschung ist das Fundament und eminent wichtig, denn die Fakten sprechen gemäss Thomas Bucheli für sich. Welchen Anteil der menschliche Einfluss an einem spezifischen Wetterereignis trägt, kann die Klimaforschung nicht sagen. Auch wenn es schwerfällt, ganz konkrete Kausalzusammenhänge zu ziehen, so ist das Klima eine variable und beeinflussbare Grösse, die Menge an Treibhausgasen steigt und ebenso steigen die Temperaturen. 

Genauigkeit von Wetterprognosen
Neue Technologien wie Computer und Satelliten haben die Meteorologie revolutioniert. Das dreidimensionale Gitternetz, welches global verwendet wird, wird immer feiner, immer detaillierter. Hat man früher mit Gitternetzabständen von 200×200 km gearbeitet, ist man heute bei 1×1 km angelangt. Entsprechend ist die Wettervorhersage wesentlich präziser geworden. Dennoch muss weiter mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten gearbeitet werden. Bereits kleinste Abweichungen bei Messungen und Berechnungen schaukeln sich auf. Je länger im Voraus die Prognose erfolgt, desto grösser ist das Risiko, dass diese nicht zutrifft. Während die Vorhersage für den Folgetag recht zuverlässig ausfällt, ist eine Vorhersage Wochen im Voraus ein Blick in die Kristallkugel. Und auch auf Wetterapps, die zeitgenau über örtliche Gewitterzellen informieren, ist kein Verlass.

Corinne Fischer

Infobox
Detaillierte Infos über SRF Meteo inklusive tagesaktueller Wetterprognose: srf.ch/meteo
Film aus dem SRF-Archiv mit der Berichterstattung vom Unwetter in Boll 1986: srf.ch/play/tv/drs-aktuell/video/drs-aktuell-vom-27-05-1986?urn=urn:srf:video: 1d27d684-c4a5-42dd-a042-c77bda7d2398

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