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Von Schnäppchen und geplatzten Träumen

In dieser Häuserreihe im Kappelisacker wurde kürzlich eine Wohnung zwangsversteigert

Diesen Januar lud das Betreibungsamt Bern-Mittelland zu zwei Wohnungsbesichtigungen in Ittigen und Boll ein, denn für beide Liegenschaften wurde ein Termin für eine Zwangsversteigerung angesetzt. Ein hartes Business für alle Involvierten.

Letztes Jahr passierte es im Kanton Bern 88 Mal: Eigentümer:innen konnten ihre Schulden nicht bezahlen und ihr Wohntraum wurde im Auftrag der Gläubiger von den zuständigen Berner Betreibungsämtern an den Höchstbietenden versteigert. Im Worblental kam es dieses Jahr bereits einmal in Ittigen und einmal in Boll zur Ankündigung einer betreibungsamtlichen Liegenschaftssteigerung. Bei der 4.5-Zimmer-Wohnung im Kappelisacker wurde das Verfahren bis zum Schluss durchgezogen. Die Eigentümerin in Boll hatte mehr Glück. Ihr gelang es, den offenen Betrag zu bezahlen und ihre Wohnung zu behalten.

Es kann rasch gehen
Einmal in die Misere geraten, kann es relativ rasch gehen. Bereits nach sechs Monaten ab -Zustellung einer Betreibung auf Pfandverwertung kann der Gläubiger oder die Gläubigerin die Verwertung eines betroffenen Grundstücks verlangen. Ab Eingang des Verwertungsbegehrens muss das zuständige Amt das Grundstück spätestens nach drei Monaten öffentlich versteigern. Während des gesamten Verfahrens und buchstäblich bis zur letzten Minute vor der Versteigerung hat der oder die Schuldner:in die Möglichkeit, die For-derung noch zu begleichen.

Öffentliche Bekanntmachung
Soll ein Grundstück versteigert werden, wird es amtlich geschätzt und es liegen detaillierte Informationen zum entsprechenden Liegenschaftsdossier vor, welche Online für alle Interessierten zugänglich sind. Es vermag bezüglich Datenschutz etwas zu überraschen, dass hierbei nicht nur die Adressen sondern auch die Namen der Schuldner:innen öffentlich bekannt gemacht werden. Dies ist jedoch von Gesetzes wegen so vorgegeben, damit bislang nicht bekannte Gläubiger von der bevorstehenden Versteigerung erfahren und ihre Ansprüche geltend machen können. 

Emotionales Geschäft
Liegenschaften müssen nicht blind ersteigert werden, sondern können einige Tage oder Wochen vor der Versteigerung nach Anmeldung begangen werden. Während der Besichtigung sind mehrere Amtspersonen vor Ort, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und ebenso dafür zu sorgen, dass es während der Begehung nicht zu Diebstählen oder Beschädigungen kommt. So waren für die Wohnungsbesichtigung in Ittigen drei Mitarbeitende des Betreibungs- und Konkursamts sowie eine Amtsperson der Gemeinde Ittigen und ein Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes zugegen. In Ittigen war der Schuldner kooperativ, dies ist jedoch nicht immer der Fall. Grundsätzlich wird den Schuldnern empfohlen, bei den Besichtigungen nicht in der Wohnung zu verbleiben, denn dies ist für die Eigentümer oftmals sehr belastend. Die Mitarbeitenden von Zwangsvollstreckungen haben keine leichte Aufgabe, erle-digen ihre Arbeit jedoch professionell, neutral und würdevoll. «Man muss wissen, dass immer Menschen dahinterstehen», formulierte es eine der in Ittigen anwesenden Beamtinnen treffend.

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – verkauft
Die Steigerungen im Einzugsgebiet der Bantiger Post werden im Gantlokal des Betreibungsamtes Bern-Mittelland in Ostermundigen durchgeführt. Alle, die möchten, können daran beiwohnen. Wer mitsteigern möchte, sollte vorgängig die Steigerungsbedingungen studieren und insbesondere auch beachten, dass der Zuschlag für eine Wohnung oder ein Haus nur definitiv erfolgt, wenn der bereits vor der Steigerung definierte Anzahlungsbetrag beim Betreibungsamt hinterlegt wurde oder wenn ein kürzlich von einer Schweizer Bank ausgestellter Check in derselben Höhe vor Ort vorgewiesen werden kann.

Steigerungssumme ungewiss
Die Erlöse aus den Steigerungen variieren vom halben amtlichen Wert bis hin zum mehrfachen Verkehrswert, was natürlich auch Schnäppchenjäger anlockt. Die Ittiger Wohnung mit Parkplatz wurde bei einem geschätzten Verkehrswert von CHF 520 000 für gerade mal CHF 385 000 an die Gläubigerbank versteigert.

Hoffen bis zuletzt
Wer in finanzielle Schieflage gerät und dazu die Möglichkeit hat, wäre in vielen Fällen finanziell und auch emotional besser bedient, wenn der Verkauf des Eigentums frühzeitig aus eigenen Stücken heraus und zum Marktpreis erfolgt. Nur hoffen viele Betroffene darauf, den finanziellen Turnaround doch noch zu schaffen und kämpfen für ihren Traum vom Eigentum, bis es dann plötzlich zu spät ist. Corinne Fischer

Infobox

Die laufenden Grundstücksverwertungen können auf der Homepage der Betreibungs- und Konkursämter des Kantons Bern eingesehen werden: www.baka.dij.be.ch

Bei finanziellen Problemen empfiehlt es sich, möglichst rasch zu handeln und Kontakt mit einer Fachstelle wie der Berner Schuldenberatung aufzunehmen: www.schuldeninfo.ch

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