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Reden hilft schützen

Aus dem Vorstand des Elternvereins Vechigen mit am Event dabei: Organisatorin Annabelle, Lea, Anja (Präsidentin) und Linda (v.l.n.r.)

Am 8. Februar 2024 hat der Elternverein Vechigen mit Agota Lavoyer und ihrem Vortrag «Ist das okay? – Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern» einen Abend lang an Tabus gerüttelt, informiert und aufgezeigt, wie Prävention bestmöglich gelingt.

Gleich zu Beginn ihres Referats in der «Pfrundscheune Vechigen» betont Agota Lavoyer, Expertin für sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, dass die Verantwortung bei Übergriffen immer beim Täter liegt. Nichtsdesto- trotz können Eltern einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie sich mit der Gewaltprävention aktiv auseinandersetzen und mit ihren Kindern immer wieder altersgerecht und unaufgeregt über die Themenbereiche Sexualität, Grenzüberschreitung und sexualisierte Gewalt reden.

Offenes Gesprächsklima
In der gut gemeinten Absicht, das eigene Kind nicht zu verängstigen, sprechen immer noch viele Eltern nicht oder zu wenig über sexualisierte Gewalt. Dabei wirkt ein offenes Gesprächsklima auf Täter stark abschreckend. Ein paar allgemein gehaltene, gut gemeinte Sätze wie «du weisst, dass du mir immer alles erzählen kannst», reichen allerdings nicht aus. «Die Sätze müssen schon etwas mehr mit Inhalt gefüllt werden», konstatiert Agota Lavoyer, die jahrelang als Sozialarbeiterin und Fachberaterin bei der Opferhilfe tätig war und selber Mutter von vier Kindern ist. Kinder können Situationen nicht immer richtig einschätzen und viele Übergriffe beginnen als Grenzüberschreitungen, die sich immer weiter steigern. Damit Kinder Grenzverletzungen erkennen können, ist ein offener Dialog enorm wichtig.

«Jedes 7. Kind in der Schweiz erlebt sexualisierte Gewalt»

Nur etwa die Hälfte der Kinder erzählen von ihren Missbrauchserfahrungen. Dies hat verschiedene Gründe. Danach gefragt, nennen Jugendliche und Erwachsene, die als Kind von sexualisierter Gewalt betroffen waren, immer wieder als Erklärung: «Ich wusste nicht, dass ich das erzählen kann» oder «Bei uns zu Hause wurde nie über so etwas geredet». Zudem stecken viele Kinder in einem grossen Loyalitätskonflikt und haben Angst, der Tatperson zu schaden oder befürchten, dass ihnen nicht geglaubt würde.

Der Täter ist nett
Jedes 7. Kind in der Schweiz erlebt sexualisierte Gewalt. Mädchen sind rund 2.5-mal häufiger betroffen als Jungen. Der Täter stammt zu über 90% aus dem nahen Umfeld, ist in etwa 9 von 10 Fällen männlich und nur zu rund 10% kernpädophil. Wer denkt, er oder sie habe gute Menschenkenntnisse und würde einen Täter erkennen, irrt. Ein Täter ist nicht von Auge zu erkennen und verhält sich in der Regel nicht seltsam. Im Gegenteil. Der typische Täter ist engagiert, gut in sein Umfeld eingebunden und er ist vor allem nett, denn um Zugang zu Kindern finden und sie manipulieren zu können, benötigt es Sozialkompetenz.

Möglichkeit mitdenken
Niemand kann sich vorstellen, dass jemand aus dem eigenen Umfeld sein Kind sexuell missbraucht und dennoch passiert es. Nicht jedes Kind lässt sich etwas anmerken. Geht es dem eigenen Kind nicht gut, machen sich Eltern oft Gedanken. Könnte mein Kind gemobbt werden, gibt es Probleme in der Schule, beim Hobby? Möglich. Es könnte aber auch sein, dass jemand dem eigenen Kind zu nahe kommt. Prävention bedeutet auch, die reell existierende Möglichkeit von sexualisierter Gewalt mitzudenken und sofern bereits geschehen, weitere Übergriffe zu verhindern.

Wie rede ich mit meinem Kind?
Bereits ganz kleine Kinder können lernen, ihre Geschlechtsteile korrekt und schamfrei zu benennen. Und jedes Kind hat seine Grenzen, die es zu respektieren gilt. Will der Dreijährige seiner Oma kein Küsschen auf die Wange drücken, gilt es dies genauso zu respektieren, wie wenn die 12-Jährige sich nicht mehr vor den Augen ihrer Eltern umziehen möchte. Mit ihrem Vortrag ebenso wie mit ihrem gleichnamigen Buch «Ist das okay? – Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern» schafft Agota Lavoyer Fakten, entlarvt Täterstrategien, gibt Tipps und zeigt Eltern und Erziehungspersonen auf, eigene Vorurteile und problematische Glaubenssätze zu erkennen, denn Prävention ist informieren, stärken und vor allem offen und ganz oft zusammen reden.
Corinne Fischer

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