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Fusion Ja oder Nein? Ostermundigen muss sich so oder so verändern

Thomas Iten

Am 22. Oktober 2023 stellen die Stimmberechtigten von Ostermundigen die Weichen für die Zukunft: Soll unsere Gemeinde mit Bern fusionieren? Gleichentags stimmt die Stadt über die Fusion ab. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung ist schon jetzt klar: Ostermundigen wird nicht stehen bleiben, sondern muss sich weiter verändern.

Der Weg zur Fusionsabstimmung vom 22. Oktober war intensiv, lehrreich und auch manchmal nervenaufreibend. Ich bin stolz, dass es dem Gemeinderat von Ostermundigen gelungen ist, einen Fusionsvertrag auszuhandeln, den selbst die Fusionsgegner:innen als ein «gutes» Gesamtpaket bezeichnen. 

Es hat sich bewährt, die Zwischenergebnisse fortlaufend breit abzustützen: im Gemeindeparlament, in der Begleitgruppe, durch aktiven Einbezug der Bevölkerung, der Gewerbetreibenden und unserer Vereine. Es hat sich gelohnt, hinzuhören und wertvolle Bedürfnisse und Inputs von den verschiedenen Anspruchsgruppen aufzunehmen. All das hat uns ermöglicht, selbstbewusst und ziel-
orientiert zu verhandeln.

Seit dem «Mundige Fescht» von Anfang September ist die politische Auseinandersetzung um die Fusion in vollem Gange. Die öffentlich geäusserten Argumente dafür und dagegen sind zahlreich. Eine Auswahl, die nicht abschliessend ist: Die Befürworter:innen argumentieren mit verbesserten Dienstleistungen wie ein grosszügigeres familienexternes Kinderbetreuungsangebot, Ferienangebot und Frühförderung von Kindern, tieferen Steuern in der fusionierten Gemeinde bis zur politischen Mitbestimmung im gesamten Lebensraum. Allgemein liessen sich aktuelle und künftige Herausforderungen gemeinsam besser meistern; im Alleingang könne Ostermundigen grosse Investitionen (z.B. in Schulhäuser) nur mit höherem Steuerfuss stemmen. Umgekehrt warnen die Gegner:innen zum Beispiel vor der «masslosen» Ausgabenpolitik und der hohen Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Bern. Der tiefere Steuerfuss mache vor allem für höhere Einkommen einen Unterschied. Den Gegnern fehlt das Vertrauen in die Umsetzung der Fusionsdokumente: eine Partnerschaft zweier selbständiger Gemeinden sei der bessere Weg, die Zukunft zu gestalten, als eine «Eingemeindung».

Unabhängig vom Ausgang der Fusionsabstimmung stehen für mich zwei Dinge fest:

• Ostermundigen kann in beiden Szenarien nicht stehen bleiben. Der Gemeinderat hat in den Legislaturzielen 2021– 2024 bereits angekündigt, bei einem Nein zur Fusion die Organisation unserer Behörden und Verwaltung unter die Lupe zu nehmen, die Prozesse und Abläufe zu optimieren und die Gemeindeordnung (Gemeindeverfassung) zu modernisieren. Auch zusätzliche Kooperationen über die Gemeindegrenze hinweg sind unumgänglich. Bei einem Ja zur Fusion müssen die verantwortlichen Politiker:innen die Chance nutzen, das Beste aus beiden Systemen weiterzuentwickeln; so kann die ganze Region Bern an Dynamik gewinnen.

• Auch unser politischer «Agglo-Groove» wird in beiden Fällen weiterhin gefragt sein. Bleibt Ostermundigen
eigenständig, müssen die Gegner:innen und Befürworter:innen der Fusion – wie das unserer politischen Kultur entspricht – rasch aufeinander zugehen, damit sich zügig und parteiübergreifend die anstehenden Aufgaben anpacken lassen. Bei einem Ja zur Fusion müssen wir die Ostermundiger Art, die den Ausgleich und den Kompromiss sucht, in die erweiterte Stadt Bern einbringen.

Ich werde mich weiterhin mit aller Kraft für unsere Art des Politisierens einsetzen, ob Ostermundigen eigenständig bleibt oder sich mit Bern zusammenschliesst. Einige machen mir zum Vorwurf, dass ich als Gemeindepräsident in der Fusionsdiskussion eine neutrale Position einnehme. Man deutet das als «Mangel an Leadership» und als «mutlos». Für mich gehört es jedoch zum politischen Respekt, dass ich als Präsident der Exekutive deren Entscheid nach aussen ohne Wenn und Aber vertrete – diese hat Stimmenthaltung beschlossen. Ich halte mich daran, auch wenn es mir persönlich schwerfällt, keine klare
Haltung vertreten zu dürfen.

Nun ist es an Ihnen, liebe Stimmbürgerin und lieber Stimmbürger, Ihre Entscheidung zu treffen; es freut mich, wenn möglichst viele abstimmen. Als ehemaliger Eisenbahner darf ich es so formulieren: Am 22. Oktober geht es um eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft Ostermundigens.

Thomas Iten, 30. September 2023

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