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Ihr Bantiger Post Team

Die «Büetz» geht weiter!

Die Fusion zwischen Ostermundigen und Bern per 1. Januar 2025 kommt nicht zustande. Nach dem Nein der Stimmberechtigten in Ostermundigen geht die «Büez» weiter. Es stehen verschiedene Herausforderungen und Veränderungen an. Wir sind verpflichtet, die Gemeinde im Interesse der Menschen, der Vereine, der Wirtschaft und des Gewerbes weiterzuentwickeln. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden gerüstet sind, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Ostermundigen hat den Entscheid gegen die Fusion mit der Stadt Bern nicht leichtfertig gefällt; es hat mit sich gerungen. In den letzten Wochen und Monaten wurde viel diskutiert – genau so muss es sein, wenn es um einen so wichtigen Schritt geht. Für die intensiven Diskussionen und die insgesamt faire Auseinandersetzung möchte ich mich bedanken: bei den politischen Parteien, bei der Bevölkerung, den Vereinen, beim Gewerbe und bei der Begleitgruppe. Klar: Zum Teil gingen die Emotionen hoch; das ist absolut verständlich. Denn bei einer Fusion geht es eben nicht nur um finanzielle und praktische Aspekte. Es geht auch um Fragen der Identität, des Selbstverständnisses – und um das Bauchgefühl.

Warum hat die Mehrheit die Fusion in Ostermundigen, im Vergleich zur eindeutigen Zustimmung in der Stadt Bern, klar abgelehnt? Wir wissen es von anderen Fusionsabstimmungen: In der Regel stimmt die Bevölkerung Zusammenschlüssen von Gemeinden zu, wenn der Leidensdruck gross ist. Unsere Gemeinde hat sich in den letzten Jahren von der «grauen» Maus zu einer lebendigen Agglo-Gemeinde gewandelt. Es gibt eine bauliche und gesellschaftliche Dynamik. Die Mehrheit hat den Eindruck, dass Ostermundigen stark genug ist, um die Zukunft allein zu meistern.

Im Abstimmungskampf wurde auch einen Stolz auf unsere politische Kultur gespürt; relativ ausgeglichene politische Kräfteverhältnisse führen bei uns dazu, dass links und rechts miteinander reden und Kompromisse suchen. Es gab die Befürchtung, dass diese «Ostermundiger Art» in der Stadt Bern verloren gehen könnte. Andere haben dem Versprechen nicht getraut, dass Ostermundigen wichtige Eigenheiten bewahren kann. Vom Gewerbe und von finanzpolitischer Seite hörte man die Sorge, dass sich die finanzielle Situation in der Stadt Bern künftig verschlechtern werde und es nach einer Fusion vorbei wäre mit schnellen und unkomplizierten Entscheidungswegen. Offenbar hat eine gewisse Angst vor mehr Bürokratie auch zum Nein beigetragen.

War also die ganze mehrjährige Arbeit umsonst? Überhaupt nicht. Beide Projektpartner haben in diesem Prozess viel gelernt. Die Verhandlungen haben den Blick für die grossen Herausforderungen geschärft, vor der beide Gemeinden stehen: von engen finanziellen Spielräumen über den Mangel an politischem Nachwuchs und an Fachkräften bis zum Klimaschutz und zu den Herausforderungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz. Auch hat sich gezeigt, dass die Mitarbeitenden beider Gemeinden sehr professionell arbeiten und sich täglich für ihre Kundinnen und Kunden einsetzen.

Wer glaubt, mit dem Nein zur Fusion könne Ostermundigen jetzt einfach stehen bleiben, täuscht sich. Der Gemeinderat hat schon in seinen Legislaturzielen festgelegt, dass die Strukturen der Behörden und der Verwaltung von Ostermundigen bei einem Nein zur Fusion überprüft werden müssen. Gleichzeitig steht unter anderem eine Teilrevision der Gemeindeordnung an, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein.

Es gibt bei uns in Ostermundigen viele Herausforderungen – ich erwähne nur einige der wichtigsten: Wir müssen die Finanzstrategie überprüfen und die Steuerkraft pro Einwohner:in erhöhen, Investitionen in unsere Schulhäuser stemmen, das Tram realisieren und den Bahnhof umbauen. Wir wollen die Ortsplanungsrevision O’mundo umsetzen und verschiedene Areale entwickeln (z.B. Tell, Wendeschlaufe, Werkquartier, Werkstatthaus) oder das Leitbild Gesellschaft implementieren. 

Die interkommunale Zusammenarbeit muss trotz der Ablehnung der Fusion weiterentwickelt und, wo es sinnvoll ist, vertieft werden. Unabhängig vom Ergebnis der Fusionsabstimmung werden die Feuerwehr und der Zivilschutz in die Organisation von «Schutz und Rettung» der Stadt Bern integriert. Es ist für mich auch denkbar, dass es neue Formen der Zusammenarbeit gibt. Die ARA Worblental, der Wasserverbund Region Bern, die Kehrichtentsorgung oder die Musikschule Bantiger haben in den letzten Jahrzehnten gezeigt, wie die regionale Zusammenarbeit in verschiedenen «Disziplinen» erfolgreich gestaltet werden kann.

Ich bin überzeugt, dass es weitere Fachgebiete gibt, in der beispielsweise die ehemaligen Viertelsgemeinden Bolligen, Ittigen, Ostermundigen neue Wege finden könnten.

Die „Büetz“ geht weiter! Packen wir gemeinsam mit Leidenschaft und Bodenhaftung die grossen Herausforderungen an, nutzen wir unsere Potentiale und Handlungsspielräume parteiübergreifend, konstruktiv und lösungsorientiert. Ostermundigen ist für diese Aufgaben gewappnet; unsere Politik hat schon mehrmals bewiesen, dass sie parteiübergreifend gute Lösungen finden kann.

Vielen Dank an alle, die in den vergangenen Monaten am Projekt Kooperation Ostermundigen Bern (KOBe) mitgearbeitet, kritisiert, gelobt oder einfach (nur) zugehört haben.

Ich werde mich weiterhin mit aller Kraft für die Gestaltung unserer Zukunft in der «Agglo» einsetzen und freue mich, wenn wir trotz unterschiedlichen politischen Gewichtungen am gleichen Strang ziehen.

Thomas Iten, 23. Oktober 2023

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