Werte Leserschaft

Wegen eines technischen Fehlers wurde nicht allen Ausgaben das Magazin beilegt. In den nächsten beiden Tagen wird Ihnen das Magazin zugesandt. Entschuldigen Sie die Umstände und besten Dank für Ihr Verständnis.

Ihr Bantiger Post Team

Bolliger Krähenfalle erhitzt die Gemüter

Umstrittene Krähenfalle oberhalb Bolligen

Oberhalb Bolligen, im ländlichen Teil Habstettens, wird eine Krähenfalle betrieben. Die Falle steht bereits seit einigen Jahren, erhitzt jedoch immer wieder die Gemüter der Menschen in unserer Region. Für die einen ist sie Tierquälerei, für die anderen ein probates Mittel, um die Rabenkrähen zu dezimieren und die Bauern zu unterstützen.

Aus unserer Leserschaft auf die Krähenfalle oberhalb Bolligen aufmerksam gemacht, ist die Bantiger Post dem Thema nachgegangen, um zu klären, wieso die Krähen gefangen werden und ob die Krähenfalle wirklich ein sinnvolles und mit dem Tierschutz konformes Mittel darstellt. Dabei haben wir mit verschiedenen Fachpersonen aus Tierschutz, Wildhut und Landwirtschaft gesprochen. Die Auslegeordnung zeigt, dass Krähenfallen umstritten sind und keinen grossen Rückhalt in der Bevölkerung geniessen. Ebenso ersichtlich wird, dass politischer Handlungsbedarf besteht, um die Bauern beim Krähenproblem zu unterstützen.

Die Falle
Im Winter, wenn es kalt ist, die Böden gefrieren und die Felder unter einer Schneedecke liegen, tappen die Krähen in die Falle. Dann nämlich finden sie andernorts kaum Futter und werden vom köstlichen Nahrungsangebot in der Voliere angelockt. Allerdings wird die Falle erst effizient, wenn sich bereits drei Artgenossen darin befinden und als lebendige Lockvögel fungieren. Einmal in die Krähenfalle gegangen, gibt es für die Vögel kein Entrinnen mehr und sie müssen im Käfig ausharren, bis der Beauftragte der kantonalen Wildhut vorbeikommt und die Tiere eliminiert. Gemäss den kantonalen Bestimmungen muss die Krähenfalle zweimal pro Tag kontrolliert werden. Mit der Krähenfalle oberhalb Bolligen lassen sich jährlich je nach Witterung rund 50–100 Krähen fangen. Diese werden fachgerecht vor Ort getötet. Die Tiere werden anschliessend eingefroren und auf die Aussaat hin gerupft, denn mit den «frischen» Federn lassen sich Artgenossen auf den Feldern vergrämen.

«Krähen erkennen einen Jäger auch noch nach 1– 2 Jahren und suchen das Weite, sobald sie ihn sehen.» 

Peter Sommer, Wildhüter

Der Wildhüter
Der für das Worblental zuständige Wildhüter Peter Sommer betreibt seit Jahren die Krähenfalle oberhalb Bolligen, um Landwirte und Anwohnende im Kampf gegen die Krähen zu unterstützen, denn immer wieder erreichen ihn Klagen über verwüstete Felder sowie verkotete Balkone und Sitzplätze. Der Wildhüter erläutert, dass Krähen kaum mehr natürliche Fressfeinde hätten und ein Überbestand bestehe. Aufgrund der hohen Intelligenz der Tiere sei es äusserst schwierig und aufwändig, Krähen zu jagen oder zu vergrämen. Er ergänzt: «Krähen erkennen einen Jäger auch noch nach 1–2 Jahren und suchen das Weite, sobald sie ihn sehen.» Peter Sommer ist überzeugt, dass Krähenfallen effizient sind und die Tiere nicht gequält werden. Im Zuständigkeitsgebiet des Wildhüters ist aktuell nur die Falle oberhalb Bolligen in Betrieb. Diese sei bei Passant:innen unbeliebt und sei schon vereinzelt beschädigt worden. Für den Wildhüter steht nicht primär das Dezimieren der Krähen im Vordergrund, sondern die Unterstützung der Landwirte auf ihren landwirtschaftlichen Kulturen im Frühling.

Der Landwirt
Für Landwirt:innen sind Krähen ein Problem, welches sich durch das Verbot der Saatgutbeizung mit Mesurol im Jahr 2021 zusätzlich verschärft hat. Ein Landwirt aus der Region, der aus Angst vor persönlichen Angriffen anonym bleiben möchte, erzählt von den enormen Schäden, die ein Schwarm Krähen innerhalb kürzester Zeit anrichten kann. Für ihn ist die Krähenfalle mangels zielführender Alternativen ein gangbarer Weg, um den Bestand in der Umgebung zu dezimieren. Eigentlich dürften Bauern sogar selbst auf Krähen schiessen. Dies sei jedoch weder effizient noch praktikabel. Ein Schwarm Krähen kann an einem einzigen Tag tausende Keimlinge ausreissen und so die Aussaat eines ganzen Feldes zunichtemachen. Insbesondere Mais aber auch Kulturen wie Beeren, Obst, Sonnenblumen, Gemüse und Kartoffeln sind betroffen. Wird ein Feld von einem Krähenschwarm verwüstet, erhält der Landwirt keine Entschädigung und muss die Einbussen selbst berappen. Bereits mehrfach wurde versucht, politisch eine Entschädigung oder eine bessere Regulation zu erwirken, bislang jedoch ohne Erfolg. Der Berner Bauernverband bedauert, dass das Krähenproblem auf die Landwirte abgewälzt wird und appelliert an Politik und Verwaltung: «Wir müssen handeln können, bevor Schäden für die Bauernfamilien unerträglich werden.»

Der Vogel- und Naturschutz
Keine Freude an der Krähenfalle hat Georg Ledergerber, Mitbegründer und Ehrenmitglied des Vereins NUBIS Natur & Umwelt Bolligen-Ittigen-Stettlen. Er hält diese für nicht tiergerecht und zweifelt an der Nachhaltigkeit der Methode. Die Anzahl Vögel, die mit der Falle gefangen würden, seien ein Tropfen auf den heissen Stein und würden das Problem nicht lösen. Diese Meinung wird auch durch die Schweizerische Vogelwarte Sempach geteilt, die vor der Illusion warnt, dass Krähenbestände mit vertretbarem Aufwand reduziert werden können. Gemäss der Vogelwarte sind Versuche zur grossräumigen Reduktion von Beständen keine zielführende Massnahme, da eine künstlich erhöhte Sterblichkeit rasch wieder ausgeglichen wird. Um Bestände langfristig zu senken, müsste anhaltend und grossräumig massiv eingegriffen werden, was weder ökologisch vertretbar noch ökonomisch verhältnismässig wäre. Den Einsatz von Krähenfallen lehnt die Schweizerische Vogelwarte ab, da für die Tiere eine beträchtliche Stresssituation besteht und auch geschützte Arten wie Greifvögel und Eulen in die Falle geraten können.

Die Krähe
In der Schweiz sind verschiedene Krähenarten heimisch. Rabenkrähen und Nebelkrähen, die zum Brüten noch zu jung sind, schliessen sich zu Nichtbrüterschwärmen zusammen, die nicht an ein Territorium gebunden sind. Brutpaare hingegen leben territorial und verteidigen ihr Revier auch gegen Artgenossen. Die Brutvögel richten zur Brutzeit kaum Schäden an. Saatkrähen leben ganzjährig in Schwärmen und brüten in Kolonien. Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen werden meist von diesen drei Arten im Schwarm verursacht. Rabenvögel sind intelligente Tiere, weshalb es sehr schwierig ist, sie zu verscheuchen oder zu jagen. Sie sind nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge. Als Allesfresser ernähren sie sich vorwiegend von Regenwürmern, Insekten und pflanzlichem Material, fressen aber ebenso Aas, Schnecken und Mäuse.

Corinne Fischer

Werbung

Das könnte Sie auch interessieren: