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Auf Rückkehr programmiert

Hochleistungstauben werden gut gehalten und erhalten abgestimmtes Futter. (Taubenschlag von Christian Hubacher )

Sie verfügen über ein Orientierungssystem, das ihnen ermöglicht, stets zurückzukehren. Die Brieftaube hatte bis vor 29 Jahren im Militär noch ihren Platz. Für Liebhaber sind die fliegenden Boten eine grosse Leidenschaft – wir haben uns bei den «Brieftübeler» umgehört.

Kleinflugkörper auf biologischer Basis, selbstreproduzierend und mit einer festprogrammierten automatischen Rückkehr aus allen Richtungen», so die Schweizer Armee über die Brieftauben. Ihr Brieftaubendienst wurde im ersten Weltkrieg, 1917 ins Leben gerufen. Die Vögel überbrachten effizient Nachrichten, wenn alle anderen Verbindungsmittel versagten. 1994 wurden die Armee-Brieftauben nach 77 Jahren aus der Wehrpflicht entlassen. Daraus entstanden viel Frust und Enttäuschung bei den diensthabenden Menschen. Es entwickelte sich unter den Ehemaligen und ihren Angehörigen ein leidenschaftliches Hobby, das «Brieftübele».

In der ehemaligen Militärbrieftaubenstation im Sand bei Schönbühl sind heute vier private Züchter mit ihren ungefähr 300 Brieftauben eingemietet. «Mein Cousin Rudolf Hubacher leitet die Station.» Zudem sind im Sand häufig Studenten, die Studien für Forschungsarbeiten abhalten. 

Christian Hubacher, Regionalverbandspräsident des Schweizerischen Brieftaubensport-Verbands im Bernbiet, ist mit den Brieftauben aufgewachsen: «Mein Vater war der letzte Chef der Militärstation Sand. Solange ich mich erinnern kann, hatten wir Brieftauben.» Heute besitzt er 70 Jungtauben und 60 Wettkampftauben und ist fasziniert von ihrer sagenhaften Leistung. Ihren ersten Wettflug fliegt die Brieftaube im Alter von zirka vier Monaten. Theoretisch könnte sie 20 Jahre alt werden, «doch das ist eine Seltenheit», sagt Hubacher.

«Mein Vater war der letzte Chef der Militärstation Sand.
Solange ich mich erinnern kann, hatten wir Brieftauben.»

Christian Hubacher

Aussergewöhnliche Fähigkeit
«Eigentlich liegt es nicht in ihrer Natur, den Schwarm zu verlassen – für den Leistungssport wollen wir das aber von ihr», erklärt Christian Hubacher. Denn die Schnellen müssen vorabziehen, damit eine Gewinnerin hervorfliegt. Diese Eigenart muss die Wettkampf-Brieftaube unter anderem lernen und trainieren. So übt sie mit ihrem Taubenvater bis zu dreimal täglich. Die Tiere werden top genährt und gehalten, zumindest solange sie ihre Leistung erbringen. Die starke Territorium-Beziehung sei der grösste Motivationsfaktor für ihre Rückkehr, glaubt Hubacher und weiter: «Die Brieftaube will ihren Platz zuhause wieder einnehmen und verteidigen». Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass der Täuberich wieder zurück zu seiner Partnerin will – und umgekehrt. Um diesen Trieb zu befeuern, werden Taubenpaare 14 Tage vor dem Wettflug voneinander getrennt. Pro Saison bestreitet Christian Hubacher 16 Wettkämpfe, davon fliegen die alten Tauben zwölf, und die Jungen vier. Die Höchstdistanz, welche seine Tauben so zurücklegen, beträgt um die 500 Kilometer. In der Schweiz werden Top-Brieftauben jeweils nach dem Wettkampf für den Preis von um die 100 Franken versteigert – international werden pro Taube bis zu 240’000 Franken bezahlt und Wettkampfdistanzen von bis zu 1‘000 Kilometer geflogen. Doch das ist eine andere Geschichte.

Nur eines müssen die Brieftauben nicht erlernen, und das ist die Navigation. Diese Fähigkeit erhielten sie ins Ei gelegt. Daran faszinierend ist die Tatsache, dass ihr ausgesprochener Orientierungssinn bis heute nicht geknackt wurde. Die Brieftauben verfügen über einen phänomenalen Kartensinn: Mit 98-prozentiger Sicherheit, Höchstgeschwindigkeiten von 120 Stundenkilometer und Flughöhen bis zu 1000 Meter, finden sie aus unbekannten Gegenden wieder in ihre Schläge zurück. Dazu orientieren sie sich am Erdmagnetfeld, ausserdem helfen Sonnenstand, Gerüche und visuelle Bezugspunkte. Auf ihren Wettkampfflügen sind sie etlichen Gefahren (Wetter, Umwelt, Fressfeinde) ausgesetzt. Christian Hubacher betont: «Wir sind immer froh, wenn möglichst viele Tauben wieder in ihre Schläge zurückgekehrt sind!»

Barbara Marty

Weitere Informationen 

www.brieftaubensport.ch

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